Die Leitung der mitgliederstärksten Schweizer Landeskirche nimmt klar Stellung zur «Selbstbestimmungsinitiative» der SVP. In einer Mitteilung zeigt sich der Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso) überzeugt, dass die christliche Tradition und die christlichen Werte «den unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte nahelegen». Daher sei er besorgt, dass die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» darauf abziele, die Europäische Menschenrechtskonvention ausser Kraft zu setzen bzw. zu kündigen.
Gemäss dem Synodalrat sind die Menschenrechte «der Versuch, den mit den Werten und der Tradition der christlichen Kirchen eng verbundenen Begriff des Geistes der Geschwisterlichkeit auf die politische Ebene zu übertragen». Sich dafür einzusetzen, sei deshalb dringend erforderlich – vor allem auch für die Kirche. Denn wie bereits der Rat des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK) festgehalten habe: «Die Geschwisterlichkeit in der Kirche ist das Vorbild für die menschliche Gemeinschaft über Grenzen hinweg.» So stünde es der Schweiz als international stark verflochtenem Land schlecht an, die EMRK zu kündigen.
Unter fremden Richtern sind auch eigene
Die Initiative schüre Angst vor «fremden» Richtern – obwohl die Schweiz wie die andern teilnehmenden Nationen im Kollegium der Richterinnen und Richter vertreten sei, hält der Berner Synodalrat weiter fest. Und hält wiederum mit einer Feststellung des Kirchenbundrates entgegen: Niemand könne Richter in eigener Sache sein. «Die eigenen politischen Entscheidungen zur letzten Instanz zu erheben, widerspricht dem Willen Gottes ebenso wie dem Geist der Demokratie.»
Für die Berner Kirchenleitung steht es ausser Frage – wie auch für den Bundesrat und die Mehrheit von National- und Ständerat –, dass der Grundrechtsschutz der EMRK in der Schweiz weiterhin Geltung haben muss. Sie ruft die Stimmberechtigten deshalb auf, bei der Entscheidfindung diesen eng mit den christlichen Werten und Traditionen verknüpften Aspekten besondere Beachtung zu schenken.
Rückversicherung und Garantie für Mindeststandards
Der Europarat und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen. Sie garantieren die Einhaltung von Mindeststandards und sind Rückversicherungen für einzelne Menschen und Minderheiten. Zudem sollen sie als starke Institutionen die Gräueltaten in Kriegen zumindest auf europäischem Boden künftig verhindern helfen.