Heike Bischoff-Ferrari sitzt im weissen Kittel vor ihrem Laptop. Zeit hat sie wenig, die Agenda ist vor Weihnachten übervoll. Ob sie gerne ewig leben würde? Die Leiterin der Klinik für Altersmedizin am Universitätsspital Zürich lacht herzhaft, schüttelt den Kopf. «Abwegig» findet sie den Gedanken. Unser Körper sei nicht für die Ewigkeit gemacht. Irgendwann versage die Biologie. Der Körper sei wie ein Auto. «Auch bei sanfter Fahrweise und guter Pflege zeigen sich irgendwann Verschleisserscheinungen.»
Gesundheitskosten sparen
Die moderne Altersforschung will die «gesunde Lebenserwartung» verlängern. In der Schweiz liegt diese bei 74 Jahren – das ist mit Schweden am obersten Ende der Skala. In den USA sind es 69 Jahre. «Könnte man die Anzahl Jahre, die eine Person voraussichtlich bei guter Gesundheit leben wird, um sieben Jahre verlängern, liessen sich so die Kosten der altersbezogenen Krankheiten wie Demenz oder Diabetes um gut die Hälfte reduzieren», erklärt Bischoff-Ferrari. Das Ziel auch aus Sicht der Gesundheitsökonomie müsse sein, möglichst alle chronischen Erkrankungen ans Lebensende zu verschieben.
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Eigentlich wollte die gebürtige Baden-Württembergerin Hausärztin werden. Doch ihr Weg führte sie als Fellow an die Eliteschmiede Harvard. Dort erhielt sie für ihre Forschungsarbeiten auf dem Gebiet von Vitamin D ein Stipendium, um in Boston an der Harvard Medical School zu forschen. 2005 kam sie als junge Assistenzärztin nach Zürich, legte eine steile Karriere bis zur Uni-Professorin für Altersforschung hin. Warum bleiben die einen lange gesund, andere hingegen zeigen früh Zeichen der Gebrechlichkeit? Um dies herauszufinden, «aber auch, weil mich ältere Menschen mit ihren beeindruckenden Lebensgeschichten faszinieren», sei sie Altersmedizinerin geworden, berichtet Heike Bischoff-Ferrari.
Mediterran leben
Die knapp 50-Jährige mit jugendlichem Aussehen ist überzeugt: Wir sind den Genen nicht ausgeliefert. In klinischen Studien konnte sie mit ihrem Team nachweisen, dass das für den Knochenaufbau wichtige Vitam D, regelmässig eingenommen, etwa jeden dritten Sturz und jeden dritten Hüftbruch vermeiden kann. Ein solcher geht oft mit dem Verlust der Autonomie einher und endet für viele gar tödlich. Präventiv wirkten darüber hinaus Omega-3-Fette, einfache Trainingsprogramme und Molke-Eiweiss.
Bischoff-Ferrari empfiehlt mediterrane Diät. Olivenöl als primäre Fettquelle, wenig rotes Fleisch, viel Hülsenfrüchte. Dazu brauche es Bewegung (mindestens 6000 Schritte am Tag) und eine positive Einstellung. Zu dieser gehöre auch die Spiritualität. «Der Glaube an etwas Grösseres verleiht dem Alter einen Sinn und fördert die Resilienz, die Fähigkeit, mit Schicksalsschlägen umgehen zu können.»
Dem Alter sieht sie gelassen entgegen. «Endlich Zeit, die Welt anzuschauen, Bücher zu lesen, Menschen zu treffen.» Als Mutter eines Teenagers rechnet sie sich gute Chancen aus, einmal Grossmutter zu werden. Familie sei das grösste Geschenk.