Jesus von Nazaret war ein galiläischer Wanderprediger, der um das Jahr 30 herum zu einfachen Menschen aus seiner Region sprach – zu Bauern, Fischern, Handwerkern – und das Reich Gottes ankündigte, das nahe herbeigekommen sei. Nach seiner Hinrichtung durch die Römer berichteten seine Nachfolger, die Apostel, dass Jesus von den Toten auferstanden sei. So entstand der christliche Glaube.
Zeugnisse dieses Glaubens sind die vier Evangelien in der Bibel. Sie berichten vom Leben, Reden und Wirken Jesu. Was Jesus sagte, vorlebte und forderte, ist für viele Christinnen und Christen bis heute inspirierend und für das eigene Leben wegweisend.
Und hier beginnen die Probleme. Lässt sich das, was Jesus zum Beispiel in der Bergpredigt sagte, im ganz gewöhnlichen Alltag wirklich umsetzen? Im Wirtschaftsleben? In der Justiz? In der Politik? So vieles geht weit über das Menschenmögliche hinaus, die bedingungslose Feindesliebe, das (scheinbare) Verbot der Ehescheidung, die Ächtung materiellen Reichtums und anderes mehr.
Der dritte Weg
Um zu verstehen, was Jesus mit seinen Aussagen und Gleichnissen gemeint haben könnte, müssen die biblischen Texte ausgelegt und in die heutige Zeit übertragen werden. Hierzu stehen zwei akademisch anerkannte Methoden zur Verfügung: Die Hermeneutik und die Exegese.
Erstere befasst sich mit den Voraussetzungen, unter denen ein Text zu betrachten ist, zum Beispiel: Soll ein biblischer Text als wörtlich von Gott inspiriert gelten, oder ist er das Erzeugnis eines Menschen, der persönliche Erfahrungen mit Gott gemacht und diese dann aufgeschrieben hat? Ist der Autor unvoreingenommen oder möchte er sich mit seinem Text gegenüber dem damaligen Judentum abgrenzen? Und vieles andere mehr.
Die Exegese dagegen befasst sich konkret mit dem Text und versucht unter Berücksichtigung historischer und sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse zu ergründen, was er damals und heute zu sagen hat.
Hier hakt der pensionierte Basler Architekt, Unternehmensberater und Hochschullehrer Jürgen Wiegand ein. Er beschäftigt sich seit Langem mit theologischen Fragen und ist Autor des Buches «Christentum neu – entschlackt und offen». Nun arbeitet er an einem weiteren Buch, bei dem es darum geht, einen neuen Weg zum Verständnis dessen zu erschliessen, was Jesus eigentlich bezweckte, anstrebte und wollte. Das Schlüsselwort lautet dabei «Zielanalyse».
