Theater bewegt. Die neue Schauspielchefin von Konzert Theater Bern, Stephanie Gräve, stellte die Stücke im Spielplan 15/16 vor. Da ist «Peter Pan» als Weihnachtsmärchen (auch für Erwachsene), Shakespeares «Was ihre wollt» und weitere Klassiker von Kleist, Brecht, Ibsen und Dürrenmatt. Und da ist wieder die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften. Diese ist in der zu Ende gehenden Spielzeit gut angelaufen. Mit einer mobilen Produktion ist Konzert Theater Bern in Kirchen aufgetreten. «Judas on Tour» sozusagen: der Schauspieler Jürg Wisbach spielte den Judas im Einpersonenstück der niederländischen Autorin Lot Vekemans.
Und den Leuten hat's gefallen. So sehr, dass einige weibliche Kirchgängerinnen die Vorstellung in mehreren Kirchen besuchten. Das hat Stephanie Gräve nach der Präsentation für die Presse unter vier Augen verraten. Das erklärte Ziel, neue Fans und Partner zu finden, ist also erreicht. Und mit der neuen Produktion «Das Tagebuch der Anne Frank», ins Szene gesetzt von einer Schauspielerin und einer Tänzerin, stehen die Chancen gut, erneut ein grosses Publikum in die Kirchen zu locken.
Räume für Träume. Mobile Produktionen, flexible Schauspielerinnen, ein emotional bewegtes Publikum. Das alles ist möglich in unseren Kirchenräumen, denen manche starre Leblosigkeit nachsagen. Kirchenbesucherinnen sind sich Inszenierungen gewöhnt. Der Pfarrer steht vor der Gemeinde und spricht, liest und singt. Auch er ist in einer Rolle, übernimmt eine klare Funktion.
Der Talar (das Kostüm!) kann dabei helfen, die Rolle einzunehmen und den Gottesdienst zu leiten. Vielleicht stellt er sich auch als Kanal zur Verfügung, als Verbindungsstück zwischen Himmel und Erde. Aus diesem Grund sind Rhetorik und Auftrittskompetenz Teile der praktischen pastoralen Ausbildung. Das sind durchaus Parallelen zur Ausbildung eines Schauspielers: auch seine Emotionen gehen durch ihn hindurch, er kanalisiert sie und verkörpert Menschen, die leiden, verzweifeln, suchen, ankommen oder scheitern.
Theater im Umbau. Ob in der Zeit Theaterumbaus die Kirchen einfach willkommene Ausweich-Spielstätten sind? Ob man mit mobilen Produktionen der Not gehorcht? Egal! Improvisieren steht immer am Anfang einer guten Theaterarbeit, und die Kirchen werden es zu schätzen wissen, dass sie unverhofft zu Stätten des Spiels werden, zu Brettern, die die Welt bedeuten.
