Recherche 21. Februar 2022, von Johanna Wedl, ref.ch

EKS krebst zurück bei der Spitalseelsorge

Spitalseelsorge

Die Schweizerische Bischofskonferenz und die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz hätten eine Seelsorge-Charta unterzeichnen wollen. Daraus wird nun erst einmal nichts.

Braucht es in der Spitalseelsorge eine Professionalisierung? Grundsätzlich ja, sagen die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK), die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) und der Berufsverband Seelsorge (BSG). Die drei Organisationen hätten am 1. März, also in rund zehn Tagen, eine zu diesem Thema gemeinsam erarbeitete Charta unterzeichnen wollen.

Doch daraus wird nun nichts, wie aus einer gemeinsamen Medienmitteilung vom 18. Februar hervorgeht. «Die EKS kommt zum Schluss, dass sie die Charta in der vorliegenden Form aktuell nicht mittragen kann», schreiben die Verantwortlichen in ihrem Communiqué.

Ungelöste Personalfragen

Der Teufel steckt – wie so häufig – im Detail. Aus den 25 Mitgliedkirchen seien kritische Stimmen zu hören gewesen, sagt Esther Gaillard, EKS-Vizepräsidentin und zuständig für das Ressort Diakonie und Seelsorge, auf Anfrage von ref.ch.

Es habe sich gezeigt, dass die Charta als Positionierung missverstanden werden könne. Gewiss sei die Charta zu eingeschränkt formuliert gewesen und einige Mitgliedskirchen hätten diese deshalb nicht mittragen wollen. Uneins war man sich etwa in Fragen wie jener, ob eine Spitalseelsorgerin von einem Unternehmen aus dem Gesundheitswesen oder von einer Kirchgemeinde gestellt werden solle und wie Seelsorgegeheimnisse gewährt werden könnten.

Vorhaben weiterverfolgen

«Der EKS-Rat hat die Charta sehr wohlwollend aufgenommen. Die kritischen Rückmeldungen einiger Mitgliedkirchen haben uns erstaunt, aber gezeigt, dass der Wunsch nach einer Grundsatzdebatte besteht.» Dies benötige eine vertiefte Auseinandersetzung und etwas mehr Zeit. Gaillard selbst bedauert die Entwicklung. Sie habe Verständnis dafür, dass sich die SBK irritiert zeige über den nun angekündigten Rückzug der EKS.

Gaillard betont, dass die Charta für sie nicht das Ende einer Debatte markiert, sondern im Gegenteil an deren Anfang gestanden hätte. «Nun müssen wir einen Schritt rückwärts machen, aber ich hoffe, dass wir danach dafür solider unterwegs sind», hält sie fest. Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, meint Gaillard: Die Charta solle überarbeitet und zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet werden. «Wir wollen ökumenisch zusammenarbeiten und das Thema auf nationaler Ebene vorantreiben».

Charta für Seelsorge / spezialisierte Spiritual Care im Gesundheitswesen

Jeder Mensch kann jederzeit von schwerer Krankheit betroffen sein und mit körperlicher und seelischer Not, mit Todesnähe, Abschied und Trauer konfrontiert werden. Hier stellen sich oft auch schwerwiegende Entscheidungen. Seelsorge/spezialisierte Spiritual Care im Gesundheitswesen – in Heimen, Kliniken, Spitälern oder in der ambulanten Gesundheitsversorgung – öffnet Patientinnen und Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden wichtige Räume der Orientierung, des Trostes, der Ermutigung, der Entscheidungsfindung und des Halts. So trägt sie zur Linderung von Leiden, zur Heilung und zum Wohl der Menschen bei und erfüllt damit eine wichtige Aufgabe im schweizerischen Gesundheitswesen insgesamt, nämlich die systematische Berücksichtigung der spirituellen Dimension im Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Die Grundlagen dafür haben die Kirchen gemeinsam mit der WHO bereits in den 1980er Jahren gelegt.

Unter den Bedingungen des heutigen Gesundheitswesens und in einer zunehmend säkularen und religionspluralen Gesellschaft sind vermehrte Anstrengungen notwendig, um auch in Zukunft eine gute und qualitätsvolle Seelsorge/spezialisierte Spiritual Care sicherzustellen. Die Seelsorgenden im Gesundheitswesen der Schweiz benötigen dazu tragfähige und anerkannte Rahmenbedingungen, um in einem hochdynamischen Umfeld zum Wohl der Menschen in hoher Qualität arbeiten zu können.

Wir setzen uns ein für eine angemessene Berücksichtigung der Spiritualität als einer wichtigen Dimension im Verständnis von Gesundheit und Krankheit für eine Klärung der spezifischen Aufgabe der Seelsorge im Gesundheitswesen für hohe Standards und Qualitätskriterien professioneller Seelsorge/spezialisierter Spiritual Care sowie für deren Überprüfung für die schweizweite Anerkennung der Seelsorge im Gesundheitswesen als spezialisierte Spiritual Care für eine gezielte Pflege und Weiterentwicklung der beruflichen Ethik und Grundhaltung in der Seelsorge im Gesundheitswesen für eine Gewährleistung qualitativ hochstehender Seelsorge mit Berücksichtigung religiöser und spiritueller Pluralität und interreligiöser Zusammenarbeit für gute Aus-, Fort- und Weiterbildung für eine Stärkung der Forschung zur Wirkung seelsorglicher Tätigkeit für eine Stärkung der Seelsorgenden in ihrer Selbstorganisation bei der Vertretung gegenüber anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen für eine Förderung interprofessioneller Zusammenarbeit im Bereich Spiritual Care (inkl. Kooperationen mit medizinischen, pflegefachlichen, palliativen usw. Organisationen) für eine Stärkung der spirituellen Verwurzelung der Seelsorgenden und des Seelsorgeberufs für eine vertiefte theologische, pastorale und kirchliche Reflexion der Seelsorge im Gesundheitswesen für die Anliegen der Seelsorge/spezialisierten Spiritual Care sowie der Seelsorgenden in Politik, Kirchen, Glaubensgemeinschaften und im Gesundheitswesen.

Wir verpflichten uns zu Engagement und Zusammenarbeit sowie zu ideeller, personeller und materieller Unterstützung der Seelsorge/spezialisierten Spiritual Care im Gesundheitswesen.

Quelle: https://www.kath.ch