Ein Toggenburger zwischen Kunst, Kirche und Widerstand

Ausstellung

Zeitweise war der Toggenburger Kunstmaler Willy Fries fast in Vergessenheit geraten. Eine aktuelle Ausstellung in Wattwil holt sein Werk aus der Versenkung.

Willy Fries war 31 Jahre alt, als er seinen ersten öffentlichen Auftrag von den drei christlichen Landeskirchen der Schweiz erhielt. Er sollte für die Landesausstellung, der legendären «Landi 39», ein grosses Tafelbild malen und entschied sich für den heiligen Christophorus. Bei Fries trägt er das Christuskind aber nicht wie in der Legende über einen Fluss, sondern durchwatet mit ihm das untere Zürichseebecken.

Der Andere Fries. «Den Säntis und die Churfirsten hat Fries direkt an den Zürichsee geholt, um so einen Bezug zu seiner Toggenburger Heimat herzustellen», erklärt Silvan Altermatt, Kurator und Werkverantwortlicher der Stiftung Willy Fries Wattwil. Er hat das imposante, 200 Kilogramm schwere Bild ins Gemeindehaus Wattwil geholt. Dort bildet es quasi den Mittelpunkt der Ausstellung mit über hundert Gemälden, Zeichnungen und Skizzen. «Wir wollen aber nicht nur den religiösen, sondern auch den anderen Fries zeigen», sagt Altermatt. Etwa seine frühen Landschaften, Stillleben und Porträts.

Dennoch bleibt der Name Willy Fries (1907–1980) stark mit religiösen Motiven verknüpft. Mit seinen Passionsbildern, die er in das eigene örtliche und zeitliche Umfeld transferierte, übte er Kritik am Verhalten der Schweiz und insbesondere der Kirchen im Zweiten Weltkrieg. Als junger Mann und Student der Kunst- und Literaturgeschichte zog es ihn Ende der 1920er-Jahre nach Paris und Berlin. Dort erlebte er den aufkommenden Nationalsozialismus hautnah. Anders als sein expressionistischer Weggefährte und Vorbild Emil Nolde (1867–1956) beeindruckten ihn Menschen, «die aktiven Widerstand gegen den gefährlichen Ungeist leisteten». In Berlin traf er auf die «Bekennende Kirche» – den innerkirchlichen Widerstand gegen die Nazis, dem Martin Niemöller oder Dietrich Bonhoeffer angehörten.

Durch die Liebe zur Bibel. Seine Entwicklung hin zum religiösen Maler hat aber zuerst mit der Liebe zu tun. Es war seine Berliner Freundin Luise Grosse, die ihn mit dem Evangelium vertraut machte. «Sie schlug ihm vor, zusammen täglich daraus zu lesen», sagt Altermatt.Auf Druck seiner Familie beendete der Maler die Beziehung aber, «weil eine Deutsche nicht gerne gesehen wurde».

1939 heiratete Fries die Pfarrerstochter Dorothea Wieser in Wattwil. Während den Kriegsjahren malte Fries ohne Auftrag seine Grosse Passion, die Anfang der 1950er-Jahre auf Widerstand in der Reformierten Kirche stiess. Nach dem Krieg erhielt er viele Aufträge von der Evangelischen Kirche Deutschlands und in der Schweiz, hielt Vorträge über Kunst und Kirche. 1972 wurde ihm der Ehrendoktor der theologischen Fakultät in Bern verliehen. «Willy Fries ist in der Schweiz fast vergessen», sagt Altermatt. Die Ausstellung im Gemeindehaus Wattwil, die noch bis am 2. Juni zu sehen ist, will dies ändern. Übrigens ist Fries auch in Zürich präsent: In der Friedhofshalle von Dürnten und den Kirchgemeindehäusern von Rüti und Kilchberg finden sich seine Fresken.