Früher ging am Skilift nichts ohne ihn

Tourismus

Im Winter bedient Edi Ambühl Gäste am Skilift auf dem Rinerhorn in Davos. Der Bauer wäre am liebsten Helikopterpilot geworden.

«Skis gerade, Blick nach vorn», ruft Edi Ambühl dem in den farbigen Goretex-Anzug gepackten Vater und dessen Tochter hinterher. Der Motorenlärm der Skiliftkurbel an der Station Juonli ist ohrenbetäubend. Ruhig hingegen ist der Betrieb am Skilift. Abgesehen von den Teilnehmenden der Clubrennen hat es kaum Gäste an diesem Sonntag nach den Weihnachtsferien.

Ambühl blickt zum Himmel. Ein Helikopter der Rettungsflugwacht steuert die gegenüberliegende Talseite an. «Das muss etwas Ernstes sein», sagt er und stellt die Schaufel vor der Lifthütte ab. Der Helikopter fliegt Richtung Chur. Pilot zu werden und über die Berge zu fliegen, war Ambühls Bubentraum. Als Kind besass er ein Modellflugzeug.

Von acht auf eins
Weggeflogen ist der Davoser, dessen Vorfahren seit Generationen im Landwassertal leben, aber nie. Wie vorgesehen, übernahm er den elterlichen Betrieb. Bis vor gut 20 Jahren besass er ein Dutzend Milchkühe, ein Pferd, einen Stier, drei Geissen und einen Hund für die Jagd. Schon damals arbeitete Ambühl während des Winters bei den Bergbahnen. «Ausser auf dem Bürostuhl zu sitzen, habe ich hier alles schon gemacht: Rettungsdienst, Kabinenführer und hinter der Bar stand ich beim Nülli-Lift», sagt er und tritt in die warme Lifthütte ein.

Er nimmt eine Prise Schnupftabak, winkt dem Kollegen zu, der zur letzten Kontrollfahrt aufbricht und sich, wie die meisten, selbst anbügelt. Diese «Selbstanbügler» gibt es auf dem Rinerhorn seit den Siebzigerjahren. Sie haben einen längeren Stiel, sodass sich die Gäste die Bügel selber greifen können.

«Früher ging es nicht ohne uns», sagt Ambühl. Insgesamt acht Angestellte arbeiteten da, wo Ambühl heute allein ist. Sie verkauften Tickets und präparierten das Lifttrassee mit dem Hobel, einer Art Rettungsschlitten, den man hinter sich herzog, rauf mit dem Lift, runter in der Spur, bis sie geglättet war. «Mein Rekord beim zwei Kilometer langen Nülli-Lift war eine Minute 40 Sekunden», sagt Ambühl und greift zum Funkgerät, aus dem nun Wortfetzen zu hören sind. Sein Kollege von der oberen Liftstation hat den letzten Fahrer quittiert.Bevor Ambühl mit dem Schneetöff zum Feierabendbier ins Blockhaus im Tal fährt, räumt er die Schutzzäune ab, parkiert die Skiliftbügel so, dass der Pistenbully das Trassee in der Nacht gut überqueren kann.

Digitalisierung verunsichert
Im Blockhaus herrscht Hochbetrieb. Das Team vom Rennkader isst Fondue, die Jugendlichen chatten an ihren Handys, und am Stammtisch sitzt die Bergbahn-Crew. An der Wand hängt eine Jagdtrophäe von Ambühl, ein prächtiges Steinbockgeweih. Auch einer der Söhne und ein Enkel lieben die Jagd. «Die Natur beobachten und spüren: Es gibt nichts Schöneres.» Er zieht jetzt auch sein Handy hervor und zeigt Bilder vom Wolf, den sein Sohn im Bärental, gegenüber dem Rinerhorn, beobachtet hat.

Lawinengefahr gebannt
Als Kind lief Ambühl täglich zum Melken von Davos Glaris ins Bärental, wo die Milchkühe den Sommer über weideten. Er erinnert sich an den Frost auf der Bettdecke im Winter und an 1968, als eine Lawine den Brunnen vor dem Hof und einen Teil des Stalls zerstörte, gerade in dem Moment, als er vom Haus ins Freie trat. Heute schützen Lawinenverbauungen den Hof, der seit dem 16. Jahrhundert unterhalb des Rügg­li in Davos Glaris steht.

Ambühl nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. «Du kannst den Wandel nicht aufhalten», antwortet er auf die Frage, was er über Klimawandel oder Kunstschnee denke. Anpassen müsse man sich und das mit Umsicht. «Dazu gehört nun mal Kunstschnee.» Mehr beschäftigt ihn der Wandel durch die Digitalisierung. Zwar besitze er einen Laptop. Den brauche er aber eigentlich nur zum Jassen, sagt er und bestellt noch einen Kaffee.