Steuert Gott tatsächlich unsere Geschicke?
Fachleute beantworten Ihre Fragen zu Glauben und Theologie sowie zu Problemen in Partnerschaft, Familie und anderen Lebensbereichen.
Ralph Kunz ist Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich. (Illustration: grafilu)

Jesus glaubt felsenfest, dass Gott nicht nur der Schöpfer der Welt, sondern auch der «Vater» aller Menschen ist (Mt 6,9ff.) und sich wie eine Mutter um ihre Kinder kümmert (Jes 61,13). In der Bitte «Dein Reich komme!» spüren wir den Herzschlag seiner Hoffnung und den Grund seines radikalen Gottvertrauens. Und wir erkennen eine Vorherbestimmung, die uns als Nachfolgende involviert. Schliesslich beten wir mit ihm, dass Gottes Kraft sich durchsetzen und sein Versöhnungswerk zur Vollendung kommen soll.
Dass «Gott für alle und alles einen Plan hat», kann man im Sinne einer letzten Hoffnung für die Welt hören. Schwierig finde ich die Vorstellung, dass Gott alles kontrolliert. Verhielte es sich so, müsste man sich die Weltgeschichte wie einen lückenlosen Plan denken. Alles liefe wie am Schnürchen. Was für uns wie ein Chaos aussieht, ist Fügung. Und Gott hat immer den Durchblick. Das Problem dieser Idee: Sie widerspricht dem Glauben, dass Gott freie Menschen geschaffen hat. Und: Wie passt ein Kontrollfreak zum liebenden Vater?
Aber auch die gegenteilige Vorstellung ist nicht sehr tröstlich. Wenn alles Zufall wäre, hätte Gott sich von der Welt verabschiedet. Wir flögen im Blindflug durchs All und müssten das, was mit uns geschieht, entweder als Schicksal hinnehmen oder als Zumutung anpacken. Wir wären entweder Opfer oder selbst für unser Glück oder Pech verantwortlich. In beiden Extremen würde das Gott-Welt-Verhältnis auf eine Mechanik reduziert, die entweder uns oder Gott keinen Spielraum für Beziehung lässt. Damit fällt aber das Wesentliche weg. Denn darauf beruht die Zuversicht des Glaubens. Wer an Gott glaubt, verlässt sich auf seine Liebe. Es ist Herzenswissen, das hilft, dem Bösen zu trotzen, und die Quelle der Gewissheit, «dass alle Dinge zum Besten dienen» (Röm 8,28).
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Fachleute beantworten Ihre Fragen zu Glauben und Theologie sowie zu Problemen in Partnerschaft, Familie und anderen Lebensbereichen: Corinne Dobler (Seelsorge), Martin Bachmann und Salome Roesch (Partnerschaft und Sexualität) und Ralph Kunz (Theologie).
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