Porträt 29. September 2025

Kondukteurin aus Leidenschaft

Mobilität

Der Mattelift ist eine wichtige Institution für die Einheimischen in Bern und eine Attraktion für Touristen. Maja Mores hilft, dass es so bleibt.

Maja Mores liebt ihren Arbeitsplatz, und sie liebt, was sie tut. Sie sitzt in der gelben Kabine am Fuss der Berner Münsterplattform neben dem Mattelift. Mit leisem Stolz erzählt sie, wie sie vor fünf Jahren die erste Mattelift-Kondukteurin wurde.

Bis dahin waren es seit der Inbetriebnahme 1897 nur Männer. Wobei Kondukteurin heute nicht mehr wörtlich gilt: «Leider!», sagt Mores. Seit der Corona-Pandemie fährt sie nicht mehr im Lift mit wie zuvor. 

Verbindung von zwei unterschiedlichen Quartieren 

Die Kabine fährt der Mauer entlang knapp 30 Meter hoch und wieder hinunter. Sie verbindet den aareseitigen Platz vor dem Münster – von Einheimischen «Pläfe» genannt, für Plattform – mit dem Wohnquartier um die Badgasse im tiefer gelegenen Matte-Quartier. 

Wenn jemand von den Stammfahrgästen länger nicht kommt, frage ich nach.

Der Lift ist eine wichtige, schnelle Verbindung zwischen der Altstadt oben mit ihren Geschäften und der Matte mit ihren Büros und Ateliers. Als Kondukteurin habe sie auch eine soziale Aufgabe, sagt Maja Mores: «Wenn jemand von den Stammfahrgästen länger nicht kommt, frage ich nach.» Und sie hift, die schweren Taschen zu tragen.

Von Herzen in Kontakt

Die pensionierte Bibliothekarin erzählt frisch von der Leber weg, überlegt manchmal vor dem Antworten, und zwischendurch bedient sie die Kundschaft mit spürbarer Herzlichkeit. So wirkt es völlig glaubhaft, als sie wie aus der Pistole geschossen sagt, warum sie den Job hier angenommen habe: «Ich liebe den Kontakt mit Menschen.» 

Immer wieder wird das Gespräch unterbrochen. Die Schiebetüren öffnen sich fast lautlos, Fahrgäste von oben steigen aus, oder sie kommen aus der Matte bei der Zahlstelle unten vorbei und wollen in die Höhe fahren. 

Wenn jemand davongehen will, ohne zu zahlen, renne ich hinterher.

Meistens ruft Maja Mores zuerst: «Grüessech!». Manche Fahrgäste begrüsst sie mit dem Vornamen. Und sie wechselt sofort auf Englisch, sobald klar wird, dass die Leute nicht Deutsch sprechen. Als ein asiatisch aussehender junger Mann erscheint, fragt sie auf Englisch, ob er Japaner sei, und wechselt lachend ein paar Worte auf Japanisch mit ihm. Wegen der Plauderei nimmt der Mann erst den übernächsten Lift, die Verabschiedung erfolgt mit freundlichem Kopfneigen.

Scheitern auf Japanisch 

«Ich habe so lange Japanisch gelernt und kann doch fast nichts», sagt Maja Mores. Fünf Jahre, mit Kursen, Duolingo, doch auf einer Japanreise mit ihrem Mann habe sie dann erfahren, dass es doch nicht weit reicht. Sie musste feststellen: «Es dann auch im Alltag zu sprechen, ist noch mal deutlich schwieriger.»

Bei aller Freundlichkeit erledigt Mores gewissenhaft ihren Job und kassiert konsequent ein. 1.50 Franken kostet eine Fahrt. Bei einer älteren Frau erklärt sie bedauernd, das Abonnement sei nicht gültig. Also kramt die Frau Münz hervor. Doch Bargeld haben auch hier immer weniger Fahrgäste, die meisten bezahlen elektronisch. Und wenn sich jemand davonmachen will, ohne zu zahlen? «Dann renne ich hinterher», sagt die Kondukteurin ungerührt.

In drei Jahren werde ich mir eben was Neues suchen müssen.

Kommen Stammfahrgäste plötzlich nicht mehr, macht dies Maja Mores traurig. Schon einige seien während ihrer Zeit gestorben oder ins Altersheim umgezogen. Hingegen war sie besonders gerührt, als am Weihnachtstag ein Paar, das gleich gegenüber wohnt, mit einem Glas Prosecco vorbeigekommen war. «Danach fiel es mir ein wenig schwerer zu arbeiten», erzählt sie und lacht.

Noch so lange wie möglich möchte Mores Kondukteurin beim Mattelift bleiben. Mit 75 Jahren müsse man leider aufhören, sagt sie ein bisschen wehmütig. Es besteht eine Warteliste, der Job ist sehr beliebt. «Dann werde ich mir in drei Jahren eben was Neues suchen müssen», sagt die 72-Jährige. Und jetzt ist keine Spur von Pessimismus herauszuhören.