Recherche 02. April 2024, von Sandra Hohendahl-Tesch

Der Pfuusbus ist am Limit angekommen

Diakonie

Immer mehr Personen auf der Suche nach einem Schlafplatz müssen abgewiesen werden. Die erhöhte Nachfrage hat mit einer Entwicklung zu tun, die Anlass zur Sorge gibt.

Der Winter ist zwar noch nicht ganz vorbei, aber das Ende der härtesten Zeit für jene, die kein Dach über dem Kopf haben, kündigt sich an. Eine deutliche Zunahme an Übernachtungen verzeichnet in dieser Phase die Notschlafstelle Pfuusbus des Sozialwerks Pfarrer Sieber (SWS).  Bis Mitte März, einen Monat vor Saisonende, wurden bereits 4800 Übernachtungen registriert, das sind 1200 mehr als im Vorjahr. SWS-Sprecher Walter von Arburg prognostiziert, dass die Gesamtzahl der Übernachtungen in der laufenden Saison, die bald zu Ende geht, die bisherigen Werte weit übertreffen wird.

Aggressiv und verwahrlost

Von Arburg stellt fest: «Die Gruppe der Obdachlosen mit Suchthintergrund hat deutlich zugenommen.» Denn die Drogenszene in Zürich habe sich «in Bezug auf Konsum und Klientel» verändert. Es sei deutlich mehr Crack im Umlauf als noch vor einem Jahr. Ein Wandel, den das Werk auch im SWS-Akutspital Sune-Egge beobachte.  «Crack ist unterdessen ein grosses Thema bei unseren Patienten.» Die aus Kokain und Backpulver hergestellte Droge macht die Konsumenten besonders schnell abhängig und führt oft in die Verwahrlosung. Zudem treten die Konsumenten häufig aggressiv auf, was für die Mitarbeitenden der Notschlafstellen eine grosse Herausforderung darstellt. «Rumschreien und Gegenstände werfen – leider ist diese Art von Krawall heute auch im Pfuusbus häufiger als früher», sagt von Arburg. Die Betreuung sei unter diesen Umständen viel anspruchsvoller geworden. Hinzu kommen bei vielen Klienten psychische Erkrankungen wie Schizophrenie und Panikattacken. Dass solche Probleme vermehrt aufträten, sei auch auf fehlende Plätze in der Psychiatrie zurückzuführen. 

Werktätig und obdachlos

Es gibt aber noch eine andere wachsende Gruppe unter den Gästen, die Anlass zur Sorge gibt: Leute, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können und auf der Strasse landen. Sie arbeiten tagsüber und kommen in den Pfuusbus, um zu schlafen. Bei ihnen gehe es nicht primär um Alkohol und andere Substanzen, sondern um eine prekäre Lebenssituation. «Die Armut ist klar sichtbarer geworden», sagt von Arburg.  Erstmals in der über 20-jährigen Geschichte des Pfuusbusses wurde nun auf dem Albisgüetli ein Aufnahmestopp verhängt. Die 37 Schlafplätze, die der ausgediente Sattelschlepper und seine Vorzelte bieten, reichen bei Weitem nicht aus. «Wer in der Stadt Zürich gemeldet ist, wird an die städtische Notschlafstelle verwiesen», erklärt Walter von Arburg.