«Selbstkritisch müssen wir erkennen, wo wir verletzt haben»

Politik

Auch die Berner Kirche engagiert sich für die Konzerninitiative. Bürgerliche Politiker sind arg verstimmt. Die Kirchenleitung räumt ein, dass man vielleicht zu weit gegangen sei.

Die Initiative zur Konzernverantwortung (Kovi), die am letzten November-Wochenende zur Abstimmung kommt, sorgt für heisse Debatten. Eine davon dreht sich um die Frage, ob sich die Kirchen so offensiv an einer politischen Kampagne beteiligen sollen oder nicht. Auch innerhalb der Kirchen ist man in dieser Frage gespalten. Im Kanton Bern sind nun 50 Personen aus der bürgerlichen Politik bei der Kirchenleitung vorstellig geworden. In einem offenen Brief kritisieren sie das Engagement der Kirche in diesem politischen Geschäft und das Aushängen von Ja-Parolen an Kirchtürmen.

Mutige Parteinahme oder Affront?

Im Kanton Bern ist die Situation speziell. Der Prozess zur Schaffung eines neuen Landeskirchengesetzes liegt noch nicht lange zurück. Es ging um eine Entflechtung von Kirche und Staat. Dieses Verhältnis war im Kanton Bern aus historischen Gründen enger als anderswo. Bei der Entflechtung ging es auch um die Frage, wie viel Geld aus dem kantonalen Steuertopf weiterhin an die Kirchen gehen solle.

In diesem politischen Prozess wurden die Kirchen vor allem aus dem bürgerlichen Lager unterstützt. Im ländlich und traditionell geprägten Kanton Bern gelten die Kirchen – insbesondere die reformierte Landeskirche – nach wie vor als Teil der staatlichen Identität. Dass sich nun die von bürgerlicher Seite stark mitgetragene Kirche in der Kovi-Frage mit einem «linken» Anliegen solidarisiert, empfindet man insbesondere in der SVP als Affront.

«In der Kirche hat es Platz für viele Stimmen»

Der Synodalrat der Reformierten Landeskirchen Bern-Jura-Solothurn hat diese Stimmen vernommen – und reagiert mit einer Stellungnahme in Form einer Medienmitteilung.

Erfreut stellt er zunächst fest, dass es einen breiten Konsens für die Achtung der Menschenrechte und Bewahrung der Schöpfung gebe. Und «ist überzeugt, dass es nötig ist, die Rechte benachteiligter Menschen in den Ländern des Südens wirksam zu schützen».

Im Übrigen sei es selbstverständlich, dass es in der offenen Volkskirche Platz für unterschiedliche Auffassungen habe, auch in politischer Hinsicht. «Niemandem darf das Christsein aufgrund der eigenen Meinung abgesprochen werden.»

Der Rat übt Selbstkritik

Zur Kovi, heisst es in der Mitteilung weiter, habe sich der Synodalrat theologisch geäussert, weil es hier um Kernanliegen der Kirche gehe: Um Solidarität mit den Leidenden und die Bewahrung der Schöpfung. «Selbstkritisch müssen wir als Kirche aber auch erkennen, wo wir provoziert, polarisiert und verletzt haben, und daraus unsere Lehren ziehen. Ein entsprechender Diskurs ist bereits im Gang.»