Porträt 11. März 2016, von Christa Amstutz Gafner

An Ostern auch an die echten Hasen denken

Porträt

In der Schweiz gibt es immer weniger Feldhasen. DIe Biologin Jael Hoffmann weiss, wie man den Langohren wieder auf die Sprünge helfen kann.

«Da ist einer», sagt Jael Hoffmann. Sie greift zum Feldstecher, um sicher zu sein, dass die zwei Augen, die im Scheinwerferlicht kurz aufgeleuchtet haben, wirklich zu einem Feldhasen gehören. Es könnte ja auch eine Katze, ein Fuchs oder ein Dachs sein. Doch es war definitiv ein Hase, der vom Licht aufgeschreckt schon wieder weggehoppelt ist.

Bedrohte Hasen. Die Biologin von der Schweizerischen Vogelwarte ist mit einer Kollegin und zwei Freiwilligen in der luzernischen Wauwiler Ebene unterwegs, um Hasen zu zählen. Fünf solche Teams fahren in dieser Nacht eine genau festgelegte Strecke im Zählgebiet LU01 ab. Vom langsam fahrenden Auto aus wird die Umgebung mit Scheinwerfern ausgeleuchtet, und die gesichteten Hasen werden auf einer Karte eingetragen. «Wir zählen im frühen Frühling, wenn die Vegetation noch karg ist und man die Tiere besser entdeckt», erklärt Hoffmann. Routiniert steuert sie das Auto über die Feldwege, zweimal entscheidet sie, rückwärtszufahren, weil Feststecken im Schlamm droht.
«Dem Hasen geht es nicht gut in der Schweiz», sagt die Biologin. Früher schätzte man die Zahl der Langohren an den von Jägern erlegten Tieren ab. Als diese immer weniger wurden, führte die Vogelwarte 1991 ein Monitoring ein.

Junge Hasen. Im Vergleich zu damals hoppeln heute nur noch halb so viele Hasen über Schweizer Wiesen. An den meisten Orten dürfen sie nicht mehr gejagt werden. Hoffmann fährt an einem Hof vorbei und erzählt, dass der Bauer sehr engagiert sei im Artenschutz. «Auf seinen Parzellen brüten Wachteln, Grauammern und Neuntöter.» Die Vogelwarte leitet das sogenannte Vernetzungsprojekt in der Wauwiler Ebene. Dank Hecken, Tümpeln und Brachen sollen Tiere im von intensiver Landwirtschaft geprägten Raum wieder besser leben können. Was den Vögeln hilft, tut auch den Hasen gut. «Besonders verletzlich sind die Junghasen», erklärt Hoffmann. Die Hasenmutter bringt sie im offenen Feld zur Welt. Werden die Wiesen früh gemäht, fallen viele der Kleinen den Maschinenmessern zum Opfer.
Im Auto mit den offenen Fenstern ist es inzwischen eiskalt. Für Hoffmann nichts Besonderes, sie liebt die Feldarbeit. «Im Sommer macht es natürlich mehr Spass», fügt sie lachend an. Zusammen mit ihrem Freund, auch er Biologe, ist sie manchmal auch in der Freizeit im Feld unterwegs. Die beiden kartieren Vögel für den Schweizer Brutvogelatlas.

Süsse Hasen. Wieder ein Hase, diesmal ist er auch ohne Feldstecher gut zu erkennen und bleibt sogar kurz stehen. Ganz Wissenschaftlerin, verniedlicht Hoffmann das süsse Tier natürlich nicht. Und sie hängt nicht mehr an ihm als zum Beispiel am Wiedehopf, über den sie ihre Masterarbeit geschrieben hat. Die Hasensymbolik rund um Ostern mag sie trotzdem. «In meiner Familie werden immer noch ‹Osternestli› versteckt, obwohl wir Kinder schon lange erwachsen sind.» Für alle, die beim Zählen mitgeholfen haben, hat sie denn auch einen kleinen Schoggi-Osterhasen besorgt. Die fünf Teams haben insgesamt 64 Feldhasen entdeckt. «Viel mehr als im letzten Jahr», freut sich Hoffmann.

Jael 
Hoffmann, 28

Die auf Ökologie spezialiserte Biologin arbeitet an der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach, vor allem für Projekte zur Artenförderung im Landwirtschaftsbereich. Seit Anfang Jahr koordiniert sie auch das Feldhasenmonitoring, das seit 25 Jahren in 60 Regionen der Schweiz durchgeführt wird, um die Bestände zu überwachen. Der Hase profitiert mit von vielerlei Massnahmen zum Schutz der Vögel.