Dem einen verlorenen Schaf hinterhergehen (Lk 15,4)

Jesus hat das Wort

Welcher Mensch von euch, der hundert Schafe hat und eines von ihnen verloren hat, wird nicht dem einen, das verloren ist, hinterhergehen, bis er es findet?

Damit stellte Jesus keine offene Frage, er war sich der Zustimmung der Angesprochenen gewiss. Diese identifizierten sich nämlich nicht mit dem suchenden Helden dieser Geschichte und auch nicht mit den neunundneunzig Zurückgelassenen; sie erkannten sich im einen, verirrten Schaf wieder.

Jesus trat im Selbstbewusstsein auf, im Sinn Gottes zu handeln: «Der Israel zerstreut hat, sammelt es und hütet es wie ein Hirt seine Herde» (Jer 31,10). Er verstand sich als dieser «Mensch», der ins Abseits Geratene suchte und sie zurück in die Gemeinschaft holte. Damit eckte er an, vorab bei den selbst ernannten Rechtgläubigen, den traditionsbewussten Pharisäern. An sich teilte Jesus ihre Wertschätzung der hebräischen Bibel, aber er kollidierte mit ihnen in der Ausübung dieser Weisungen. Jene trennten scharf zwischen rein und unrein, um die Heiligkeit Gottes fleckenlos zu halten. Jesus aber warf ihnen vor, sich durch die Abgrenzung von den Prostituierten und anderen «Verlorenen» nur selbst zu beweihräuchern.

Jesus wertete niemanden ab. Er sah nirgendwo Sünder oder Unmoralische, er blickte unter die Oberfläche und erkannte dort nur Benachteiligte. Während die Pharisäer diese mieden, widmete er sich ihnen mit besonderer Fürsorge. Das «Reich Gottes», die neue Zugehörigkeit zum «heilen Raum in Gott», war für ihn ein absolut niederschwelliges Angebot, ein ganz und gar bedingungsloses. Eben, wer nicht eigenmotiviert umkehrte wie der «verlorene Sohn», dem stieg der «gute Hirte» sogar selber nach und liess nicht locker, bis er ihn aufgespürt hatte.

Mit seinem kleinen Gleichnis stellte Jesus klar: Das macht doch jeder Mensch, jeder vernünftige Hirte! Wer ein Herz hat, ist alarmiert über jeden Verlust und gibt niemanden preis. Er sucht, bis er findet. Doch tut er dies nur um des Verlorenen willen? Mit Vers 7 nimmt die Geschichte eine überraschende Wendung: Es geht um die Freude am Finden! Der «Himmel» freut sich über dieses eine Schaf mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt haben. Jesus hielt es für Gottes Ziel, alle Menschen zu suchen und zu retten. So viel Gnade schockiert(e) die Glaubenstraditionalisten, während die Freude darüber den Himmel ausfüllt.

Zur Kolumne

Jesus lebte und verkündete das «Reich Gottes», die Welt, wie sie sein kann und soll. Er wollte gehört, nicht geglaubt werden. Seine Botschaft vom Heil für alle lässt bis heute aufhorchen. «reformiert.» zitiert Jesusworte und denkt darüber nach.

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