Glaube 26. Dezember 2025, von Nadine Cotti

Gottesdienstformat feiert Premiere in Felsberg

Liturgie

In der Kirchgemeinde Felsberg gab es erstmals eine «Sharing Community». Die neue liturgische Form ohne Predigt setzt auf Austausch und gefiel den Teilnehmenden. 

In der Mitte auf dem Boden, umrandet von einem Stuhlkreis, liegt ein weisses Tuch. Kerzen und getöpferte Schalen liegen darauf. Die Feier der «Sharing Community» kann beginnen. Erstmals findet diese Form der liturgischen Feier in der Kirchgemeinde Felsberg statt. Unter dem Motto «Herzlichkeit» tauschen sich die Teilnehmenden im Hören auf biblische Texte aus. Neu ist, dass es keine Predigt gibt.

Eine Premiere 

Corina Feltscher, Präsidentin der reformierten Kirchgemeinde Felsberg, ist eine der Initiantinnen der Sharing Community. Sie liest aus dem Skript, das sie in ihren Händen hält. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Roman Feltscher und den Kirchgemeindemitgliedern Sara Capeder und Rebekka Schmid hat sie beim St. Galler Pfarrer Uwe Habenicht einen Kurs zur Sharing Community absolviert. 

Gleich zu Beginn singen alle Anwesenden gemeinsam. Es sind an diesem Abend rund dreissig Personen, die an der Feier teilnehmen. Die Begleitmusik stammt nicht von der Orgel, sondern ab Tonband im Hintergrund. Die Texte zur Musik gibt es alle auf Englisch. Bei manchen Stücken schnipsen die Teilnehmenden dazu, bei anderen summen sie mit. Manche stehen auf und bewegen sich zur Musik. Erlaubt ist, wonach der Sinn steht. 

In der Sharing Community ist das Wichtigste das Zusammensein, der Austausch. Es gibt keinen Zwang, sich einbringen zu müssen. «Für was schlägt dein Herz?», mit dieser Frage beginnt die nächste interaktive Szene. Die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden ist stets bei den vier leitenden Personen. Man spürt die Energie im Raum, die trotz der Stille alle miteinander verbindet. Sharing Community ist nicht nur ein Begriff, er wird an diesem Abend gelebt. Die Menschen treten nach vorn, zünden eine Kerze an und teilen ihre Gedanken. Offenheit und Toleranz sind spürbar. Passend zum Motto des Abends, das «Herzlichkeit» lautet. 

Gebet zum Schluss 

Zum Abschluss der Feier wird ein Element des «traditionellen» Gottesdienstes eingebracht: Die Teilnehmenden stehen auf und beten das Unservater. Roman Feltscher verkündet den Segensspruch des Abends. Auf der Powerpoint-Folie an der Wand erscheinen nun Informationen zu Anlässen der Kirchgemeinde – das, was der Ortspfarrer Fadri Ratti sonst in Worten weitergibt. Dann lädt Corina Feltscher alle zum Apéro ein. Am Ende des ersten Sharing-Community-Anlasses gibt es Applaus von den Besucherinnen und Besuchern. 

Positives Echo 

Die Teilnehmenden schätzten das neue Format, so der Tenor im Anschluss an die Feier. «Die Lieder wirken modern, und die Texte dazu sind gut lesbar – in den Gesangbüchern sind sie für mich meist zu klein gedruckt», bemerkt eine Besucherin. Die Sharing Community soll offen sein für Menschen mit verschiedenen Bedürfnissen. Die Feiern finden auf der Basis der christlichen Tradition statt und sind als Ort des Austauschs und der Solidarität gedacht. 

Die Kirchgemeinde in Felsberg geht auch bei anderen Angeboten neue Wege: Der Pfarrer steigt nicht mehr auf die Kanzel, und der Gottesdienst am Sonntagmorgen beginnt mit Zopf und lockeren Gesprächen am Tisch. Dass die Sharing Community in Felsberg etabliert wurde, war einerseits Zufall, andererseits hatte es einen symbolischen Charakter: Pfarrer Fadri Ratti suchte eine Stellvertretung – einen Tag nach dem Reformationstag. Etwas Neues, eine Sharing Community anzubieten, passte gut, fanden die Beteiligten. «Für Innovationen braucht es die Offenheit des Pfarrers, aber auch die Bereitschaft der Leute im Dorf», sagt Corina Feltscher. 

Samstag statt Sonntag

Beides scheint in Felsberg gegeben: Es kommen mehr Menschen als üblich in die Kirche. Und das an einem Samstagabend. Der Termin ist jedoch bewusst gewählt, denn am Sonntagmorgen in die Kirche zu gehen, sei für viele nicht attraktiv. Wenn sich die Gesellschaft verändere, müsse man mitziehen. Auf der Basis des Christentums und mit dem Mut, alternative Angebote zu machen, sagt Feltscher. 

Geteilte Gemeinschaft

Sharing Community ist eine liturgische Form des Feierns, die von Personen nach einer sechs- bis achttägigen Ausbildung gestaltet wird. Die Teilnehmenden bringen ihre Zugänge zum Glauben ein und machen die Feier interaktiv und vielfältig – so einzigartig wie die Menschen, die sie tragen. Interessierte können sich für die Gestaltung der Sharing Community ausbilden lassen. Die Feier wird von einer Gruppe, bestehend aus Liturgin, Wegbegleiter und Gastgebenden, gefeiert. Es ist sinnvoll, sich im Team anzumelden. Die nächste Sharing-Community-Feier in Felsberg findet am 26. April 2026 statt. 

www.ref-sg.ch/sharingcommunity