«Oh my God, it’s happening! The Rapture is coming!» Wer in den letzten Wochen auf TikTok unterwegs war, stiess auf solche panischen Ausrufe, meist begleitet von dramatischer Musik. Unter dem Hashtag #RaptureTok verbreiteten Nutzer die frohe – oder eher furchterregende – Botschaft: Jesus komme zurück. Und zwar am 23. oder 24. September.
Urheber des Hypes: ein südafrikanischer Pastor namens Joshua Mhlakela, der auf YouTube die «Entrückung» ankündigte – also jenen Moment, in dem Jesus wiederkehrt, die Gerechten in den Himmel aufsteigen und der Rest … nun ja, hierbleibt. Seitdem fiebern Gläubige dem grossen Abflug entgegen. Manche überlegten, ob sie das Haus lieber offenlassen sollten oder wer sich um die Haustiere kümmert. Andere fragten sich: Was, wenn Jesus kommt, während man gerade auf der Toilette sitzt?
Klingt absurd – ist es auch. Aber das Bedürfnis nach einem grossen Finale, nach dem Untergang und dem Sinn in der Katastrophe, ist uralt. Und es flammt immer dann auf, wenn die Welt besonders bedrohlich wirkt: Klimawandel, Kriege, Atomangst. Die Apokalypse ist nie weit.
Das Ende als Neustart
An der Theologischen Fakultät der Universität Basel widmen sich Forscher diesem Dauerbrenner in einer Konferenz mit dem verheissungsvollen Titel «Ende oder Wende?». «Diese Narrative haben eine lange Geschichte», sagt Georg Pfleiderer, Professor für Systematische Theologie in Basel. In der Antike verbanden apokalyptische Texte oft Verschwörungstheorien und kosmischen Showdown – Gut gegen Böse, Licht gegen Finsternis.
Doch gemäss Pfleiderer war das Ende nie nur Katastrophe. Jüdische und christliche Texte sprechen vom Weltuntergang auch als Reinigung, göttlichem Gericht, als ein Übergang zu einer besseren Ordnung. «Kein blosses Ende mit Schrecken, sondern eine schmerzhafte Wende zum Guten», sagt er. Ein Trost: Selbst das Jüngste Gericht hatte in der Bibel etwas von Hoffnungstheologie.
