Er hat eine Idee, und dann packt er an

Gesellschaft

Als «Schlosser ohne Grenzen» setzt sich Daniel Bäumlin auf der ganzen Welt in Hilfsprojekten ein. Dazu fühlt er sich verpflichtet. 

Schon der Weg hinauf zu Daniel Bäumlins selber konstruiertem Minibalkon sagt viel über den Menschen, der hier lebt. Unten, in der engen Gasse im Berner Mattequartier, wartet der 66-Jährige vor dem Haus, das sich Gewerbe und Bewohnende teilen. Es sei nicht einfach, sein Zuhause zu finden, hat er schon vor dem Treffen gewarnt. 

Nach Lift, Treppen und etlichen Türen öffnet sich ein Loft unter dem Dach. Rohe Materialien, klare Formen, eine Metalltreppe auf eine kleine Galerieebene und afrikanisches Kunsthandwerk neben grossblättrigen Pflanzen und dann dieses Balkönchen mit Sicht auf Aare und Bärenpark. Er habe es so gebaut, dass es rasch wieder abnehmbar wäre, sollte es den Behörden nicht passen, sagt Bäumlin. Unterdessen lebt der Kunstschmied bereits 30 Jahre hier. «Der Balkon ist längst in die Hauspläne aufgenommen worden.» 

Etwas tun für andere 

Das durchdachte Machen bestimmt Bäumlins Leben. Es führte auch dazu, dass aus ihm ein «ferronnier sans frontières» geworden ist, ein Schlosser ohne Grenzen. Seit drei Jahrzehnten ist er überall dort auf der Welt im Einsatz, wo es Menschen weniger gut geht als hier. So wie seinen kleinen Balkon hat Daniel Bäumlin auch zahlreiche Hilfsprojekte realisiert: Er hatte eine Idee, plante und packte es an. 

Aufgewachsen sei er in schwierigen Familienverhältnissen, erzählt Bäumlin, am abgeschliffenen, alten Holztisch sitzend. «Mit 15 zog ich von zu Hause aus.» Und im Gegensatz zu seinem geistig und geistlich geprägten Umfeld – beide Grossväter und ein Onkel waren Pfarrer, der Vater war Professor – wollte Daniel Bäumlin Handwerker sein. 

Ich suchte immer eher Spezielles und stand für die Schwachen ein.
Daniel Baumlin, Ferronnier sans frontières

Also lernte er Kunstschmied und gründete Anfang 1980er-Jahre die eigene Schlosserei und Metallbaufirma. Der Markt sei ihm egal gewesen, versichert Bäumlin glaubhaft. Er habe Geld zum Leben gebraucht, nicht mehr. «Ich suchte stets eher Spezielles und stand immer für die Schwachen ein.» Zudem wirkt er seit vielen Jahre bei den Theaterprojekten Karls Kühne Gassenschau und Madame Bissegger mit. Er macht vieles. Aber: «Ich kann gut loslassen und habe mit 60 Jahren meinen Betrieb abgegeben.» 

Mehr als ein Tropfen 

Beschäftigt ist er trotzdem noch. Und wie. Zum ersten Hilfsprojekt in Brasilien kam er durch den Neffen der Berner Leiterin. Bei diesem Projekt baute er eine Schlosserei auf. «Das Ganze ist heute eine grosse Sache», sagt Bäumlin und schiebt den neusten Jahresbericht des Projekts über den Tisch. Bald gründete er sein eigenes: Ferronniers sans frontières, das sich inzwischen zum Verein «Association FSF» entwickelt hat.

Beim Erzählen zeigt Bäumlin Fotos, Flyer, Karten, Kunsthandwerk. Beschreibt, wie er in Myanmar zehn Jahre lang half, eine Berufsschule aufzubauen für «metal workers». Dazu gehörte ein 40 Meter langes Stahlschiff, das mit Angeboten für verschiedene Berufe auf dem Fluss Irrawaddy unterwegs war.

Er berichtet, wie er sich ab 2015 in Kamerun engagierte: mit Brunnenbau, mit einem Gesundheitszentrum und einem Nähatelier für Frauen. In Burkina Faso rief der Berner ein Projekt mit mobilen Küchen für geflüchtete Frauen ins Leben, vor drei Jahren eines für Menschen mit Beeinträchtigungen. 

Glück verpflichtet

Obwohl die Staaten teilweise «absolut korrupt» seien: Bäumlin sieht sein Wirken nicht bloss als Tropfen auf den heissen Stein. «Uns geht es so gut, ich fühle mich verpflichtet, etwas für jene zu tun, die nicht so viel Glück hatten.» 

Bäumlin erhält aber auch viel zurück. So erlebte er es vor vier Jahren, als er wegen einer Krebserkrankung dem Tod nahe war. Eine «Hardcore-Chemo» habe gut angeschlagen, sagt Bäumlin. Und er ist überzeugt, dass ihm auch die Gebete jener Menschen geholfen haben, die er in afrikanischen Ländern bei seinen Projekten kennengelernt hat.